Schlagwort-Archive: Psychoneuroimmunologie

Die (unbewusste) Assoziation des Placebo-Effekts mit Unwissenschaftlichkeit und Wertlosigkeit im Homöopathie-Streit ist irreführend

Was kommt Dir in den Sinn, wenn Du die Worte ‚Homöopathie‘ und ‚Placebo-Effekt‘ hörst?

Doch zunächst: Ein Placebo ist standardmäßig definiert als eine Verabreichungsform inaktiver Substanz ohne physikochemischen Wirkmechanismus, kann aber auch eine simulierte medizinische Behandlung sein. Herkömmlich wird der Placebo-Effekt deshalb als diejenige Reaktion verstanden, die vom Placebo ausgelöst wird. ‚Ausgelöst‘ sollte hier aber nicht kausal verstanden werden, sondern besser als ‚notwendig bedingend‘, wobei sich die Frage ergibt, durch welche nicht-physikochemischen Placebo-Aspekte die Placebo-Effekte hervorgebracht werden.

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Von „nur im Kopf“ zu „im Gehirn“: Placebo-Effekt und Neurozentrismus

Der eine oder andere mag vielleicht einmal davon ausgegangen sein, Placebo-Effekte [1] spielen sich nur ‚im Kopf‘ ab. Damit ist gemeint, dass etwas anstatt mit ‚realen‘ physiologischen Zuständen eher mit der ‚illusorischen‘ bzw. irrealen Welt des Geistes, d.h. mit Vorstellungen, Überzeugungen, hysterischer Einbildung oder bewusster Täuschung zu tun hat. Dass die veraltete Idee, Placebo-Effekte seien reine Geistesphänomene, wohl noch existiert, zeigt sich daran, dass heute immer wieder deren neurophysiologische Nachweisbarkeit und somit ‚Echtheit‘ betont wird (4.3). Den subjektiven Geist als etwas immaterielles, zum objektiven Körper distinktes zu verstehen, ist eine dualistische Vorstellung. Alles Geistige durch biologische Vorgänge und schließlich zur Illusion erklären zu wollen, ist dagegen eine Form von Materialismus. Nach dem Philosophen Hans Jonas stellt dies ideengeschichtlich sogar die logische Folge auf die dualistische Trennung der res cogitans und res extensa dar.

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Frozen Shoulder: Psychosomatik und Annäherung an eine ‚holistische‘ Betrachtung

Die Frozen Shoulder (FS, Schultersteife) ist eine häufige Schulter-Funktionsstörung, die ca. 2-5 % der Gesamtbevölkerung meist im Alter zwischen 40 und 60 Jahren betrifft. Sie geht mit Schmerzen und fortschreitender limitierter Bewegungsfreiheit einher. Die primäre FS wird auch als idiopatisch („ohne bekannte Ursache“) bezeichnet, während die sekundäre FS auf einen bekannten physiologischen Auslöser zurückgeführt werden kann (z.B. Systemerkrankung oder Verletzung). Dieses relativ verbreitete Phänomen wird von Orthopäden, Rheumatologen als auch Psychiatern behandelt, ist dabei jedoch eine der am wenigsten verstandenen Schulter-Erkrankungen. [1] Forschungsergebnisse weisen zwar auf die Aktivierung von Myofibroblasten in FS hin, welche einen dysregulierter Inflammationsprozess initiieren, was an der erhöhten Sekretion proinflammatorischer Zytokine (z.B. IL-6) ersichtlich ist. [2] Doch auch wenn diese immunologischen Forschungsansätze sehr wichtig sind, helfen sie in Isolation nicht bei der Klärung der Frage, wie es zur unerklärten Schultersteife kommt und warum diese in vielen Fällen andauert.

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Interdisziplinarität – Warum unser Denken in Fächern ein Problem ist

Es scheint relativ selbstverständlich zu sein, dass Wissenschaft in die einschlägigen Fächer sowie hunderte von Sub-Disziplinen untergliedert ist. Wie denn auch sonst? Konform mit unserer liebsten Art zu denken, dem Denken in Kategorien, ist vielleicht auch gar keine andere Form der Wissenschaft möglich. Als ‚geordnetes Wissen‘ begann sie mit Klassifikation, wie etwa bei der Linnaeus’schen Systematik der Arten. [1] Die Klassifikationen wurden schließlich zu universalen Erklärungsprinzipien ausgeweitet. Aber wird dies den untersuchten Phänomenen, z.B. in der Biologie, überhaupt gerecht?

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Sorgenkind Psychoneuroimmunologie – Der Weg zu einem neuen Bezugssystem

Eine Fachdisziplin mit ausgefallenem Namen erfreut sich zunehmend populärwissenschaftlicher Aufmerksamkeit, was leider weniger auf das akademische Milieu zutrifft: Es handelt sich um Psychoneuro(-endokrino)-immunologie (PNI), die Wechselwirkungen zwischen Immunsystem, Hormonsystem, Gehirn und Psyche untersucht [1][3]. Sie legt dabei einen Fokus auf Entzündungs- und immunassoziierte Krankheiten und identifiziert psychosoziale Risiko- und Schutzfaktoren, wie z.B. den Grad an emotionaler Unterstützung, den man durch das soziale Umfeld erfährt [4][7].

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